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Einander Zuhören – Anwort an Paul Bartsch

Einander Zuhören – Anwort an Paul Bartsch

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Eine Anmerkung zum Leserbrief „Die Mitte bleibt außen vor" von Paul Bartsch, im Lokalteil Halle (Saale) der Mitteldeutschen Zeitung vom 28.12.2021 zum Artikel „Wie rechts sind die Proteste?“ im Lokalteil Halle der Mitteldeutschen Zeitung vom 22.12.2021.

Halle (Saale), 07. Januar 2022

Einander zuhören

Die Selbstverständlichkeit, mit der Herr Bartsch die wachsenden friedlichen Proteste samt ihrer lauter werdenden Kritik an den Corona-Maßnahmen der Regierung unbedingt als von Rechts außen unterwandert und die Protestanten als radikale Minderheit dargestellt wissen möchte, ist ebenso irritierend wie bezeichnend. Dabei scheint es doch selbst in seinem Sinne höchst fragwürdig, der „Bewegung Halle“ über das medial überstrapazierte Framing von Rechts „politische und mediale Aufmerksamkeit“ zu verschaffen.

Herr Prof. Dr. Bartsch, ich habe Grund zu der Annahme, dass Sie noch keinen der Proteste besucht haben und vielleicht nicht einmal einen Teilnehmer kennen. Trotzdem wollen Sie aus der Ferne sowohl über die Demonstrationen als auch über Ihnen wildfremde Menschen befinden. Die pauschale Wertung aus dem bequemen Sessel weiß weder von den Schildern, mit denen sich zahlreiche Mitbürger jeden Montag bei Wind und Wetter eindringlich gegen Überwachung, Ausgrenzung, Faschismus und Machtmissbrauch stellen, noch von den Einladungen, auf denen sich die Organisatoren klar von Rassismus, Extremismus und jeder Form von Gewalt distanzieren.

Als Medienpädagoge, Hochschulprofessor, Referent im Netzwerk Medienkompetenz und ehemaliger Abteilungsleiter am Pädagogischen Institut des Landes Sachsen-Anhalt stünde es an, sich unvoreingenommen mit den Beweggründen oder Formen der Proteste zu befassen und so mit jenen, die sich von einer korrupten Politik verraten und betrogen anzeigen und dieser mutig entgegentreten, trotz des Risikos von Sanktionen. Das Vorhalten vermeintlicher Kontaktschuld von Rechts greift viel zu kurz. Sie wissen sehr genau, dass solch eine leicht durchschaubare wie diskreditierende Agitation kaum einem Diskurs zuträgt, sondern diesen eher verhindern und von wesentlichen bzw. fehlenden inhaltlichen Aspekten einer Diskussion ablenken soll.

Die Bürgerproteste auf der Straße sind in der Tat friedlich. Sie sind regierungskritisch, medienkritisch, systemkritisch, aber nicht –feindlich und vereinen mehrheitlich Menschen aus der Mitte der Gesellschaft, die nicht zuletzt auch in der Sorge um ihre Kinder das bewährte Pflaster bevölkern. Demgegenüber bemühen Sie sich in Ihrem Beitrag eher zweckdienlich um die Vereinnahmung einer proklamierten unsichtbaren „Mehrheit“ aus der bürgerlichen Mitte, die angeblich außen vor bleibt und sich nach Ihrem Dafürhalten doch bitte einmischen möge, um zu zeigen, wer wirklich „das Volk“ sei. Hinter dieser fehlenden Mitte vermuten Sie eine breite wie gehorsame Masse, die Maßnahmen „akzeptiert“ und Impfen als solidarischen Akt versteht, der Sie aber wegen des großen lauten Schweigens unterschwellig Versagen vorwerfen möchten. Bravo! Die amtierende Regierung wird dem beipflichten – ein solch gezügeltes „Volk“ passt sicher perfekt zum Potpourri herbei getesteter Notstandsverordnungen! Nur lässt sich Ihre Vorstellung weder mit der Realität noch mit einem demokratischen Souverän in Übereinstimmung bringen. Allein angesichts der Vielen, die sich entgegen einer Überzeugung und nur aus Angst vor staatlichen Sanktionen haben „impfen“ lassen, hege ich, anders als Sie, Zweifel daran, dass von einer Mehrheit gemäß Ihrer Beschreibung ausgegangen werden kann.

Darüberhinaus haben Sie es sicher kaum nötig, mit Mutmaßungen und gefärbten Projektionen auf Basis von Hörensagen aufzuwarten, um den Meinungssoldaten zu mimen. Lassen Sie uns besser mit dem gebotenen Respekt in einen dringend benötigten offenen Dialog eintreten, vielleicht am Runden Tisch. Hinsichtlich Verständigung und Achtsamkeit sind mir jedenfalls Ihre Lieder und Texte um einiges lieber – von dort gibt es angenehm viel Vertrautes und Schönes zu hören.


Bork Schaetz, Halle

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